Freitag, 9. Februar 2007
Rekorde von Pflanzen aus der Urzeit
Leseprobe aus dem Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" des Wissenschaftsautors Ernst Probst:
Eines der ältesten und primitivsten Bärlappgewächse ist die im Devon vor mehr als 390 Millionen Jahren vorkommende Pflanze Drepanophycus spinaeformis. Sie war mehr als 50 Zentimeter hoch und gedieh damals im Wahnbachtal bei Bonn in Nordrhein-Westfalen. Ihre Sprosse trugen ringsum Dornen. Drepanophycus gilt als älteste an Land wachsende Pflanze Mitteleuropas. Die Gattung Drepanophucus kam außer in Mitteleuropa auch in Westsibirien, China und Kanada vor.
Zu den ältesten Farnen Deutschlands gehört die maximal 1 Meter hohe Pflanze Asteroxylon elberfeldense die im Devon vor mehr als 380 Millionen Jahren an den Meeresstränden bei Wuppertal-Elberfeld in Nordrhein-Westfalen wuchs. Ihre Sprosse hatten im unteren Bereich kleine schuppenförmige Blättchen. Gleichartig war der ebenfalls im Gebiet von Elberfeld heimische Schachtelhalm-Vorläufer Hyenia elegans, der wenige Dezimeter groß wurde.
Als das älteste baumförmige Schachtelhalmgewächs gilt die gegen Ende des Devons vor mehr als 355 Millionen Jahren in Deutschland (Thüringer Wald), auf der norwegischen Bäreninsel und in Nordamerika (Alaska) verbreitete Art Pseudobornia ursina.
Die ersten mehrere Meter hohen Bäume wuchsen im frühen Karbon vor rund 350 Millionen Jahren. Reste von ihnen fand man unter anderem in Deutschland, Irland, Norwegen und Sibirien.
Die ersten Bäume in Deutschland standen im frühen Karbon vor rund 350 Millionen Jahren im Harz. Sie wurden bis zu 8 Meter - und manchmal auch mehr - hoch. Diese frühen Bäume werden Cyclostigma kiltorkense genannt.
Die größten Bärlappgewächse gab es im Karbon vor mehr als 290 Millionen Jahren. Damals ragten die Bärlappgewächse, die heute allenfalls Strauchgröße erreichen, bis zu 30 Meter hoch in den Himmel. Dabei handelte es sich um die als Schuppenbäume (Lepidodendron) und als Siegelbäume (Sigillaria) bezeichneten Bärlappgewächse.
Zu den größten Bäumen im Karbon vor mehr als 290 Millionen Jahren gehörten die maximal 30 Meter hohen Schuppenbäume der Gattung Lepidodendron und Siegelbäume der Gattung Sigillaria. Ihre Stämme trugen keine Borken. Statt dessen kann man an ihnen verschiedenförmige Schuppen- oder Siegelmuster erkennen, denen die Schuppen- und Siegelbäume ihren Namen verdanken. Die Muster sind die Narben der abgefallenen Blätter. Die Stämme dieser riesigen Bäume hatten einen weichen Holzkern. Deshalb wurden bei heftigen Stürmen selbst die dicksten Stämme mit einem Durchmesser von 2 Meter leicht geknickt. Die Bäume in der Karbonzeit hatten nur wenige Blätter. Deshalb waren sie mehr vom Licht durchflutet als unsere heutigen düsteren Nadelwälder.
Die heute nur krautgroßen Schachtelhalme hatten im Karbon vor mehr als 290 Millionen Jahren bis zu 15 Meter hohe entfernte Verwandte. Sie werden Calamiten genannt. Deren Markraum war hohl.
Die ersten Nadelbäume gediehen im Perm vor etwa 290 Millionen Jahren. Sie bildeten gebietsweise die ersten Nadelwälder. Zu den am häufigsten vorkommenden Nadelbäumen in dieser Periode zählten die Walchien, durch deren Namen der Jenaer Professor Johann Ernst Immanuel Walch (1725-1778) geehrt wird. Sie hatten eine Gestalt wie heutige Zimmertannen, wenngleich sie mit diesen nicht verwandt sind.
Die größten Baumfarne ("Marattiales") aus dem Perm vor etwa 290 Millionen Jahren wurden bis zu 15 Meter hoch. Ihre Krone trug maximal 3 Meter lange Wedel.
Als einer der ältesten Farne Deutschlands aus dem Perm gilt der vor etwa 290 Millionen Jahren gedeihende Farnsamer Callipteris. Er trug 1 Zentimeter lange Fiederchen. Callipteris wuchs unter anderem in Sobernheim an der Nahe (Rheinland-Pfalz).
Die ältesten Spuren von Waldbränden in Deutschland kennt man aus der Permzeit vor etwa 290 Millionen Jahren in Thüringen. Dort zeugen Holzkohlen, die oft ganze Schichtflächen bedecken, von Waldbränden, die wohl durch Blitzschläge entstanden sind.
Das erste krautige Nadelgehölz war die Konifere Aethophyllum stipulare aus der frühen Triaszeit vor weniger als 250 Millionen Jahren. Sie gedieh auf trockengefallenen Böden von Überflutungsgebieten.
Das häufigste Bärlappgewächs in der frühen Triaszeit vor weniger als 250 Millionen Jahren war die bis zu 2 Meter hohe Pleuromeia mit bis zu 10 Zentimeter dicken Stämmchen. Pleuromeia trug am Stamm ungefähr 10 Zentimeter lange elliptische und lanzettförmige Blätter. Die Spitze des Stammes endete mit einem Zapfen, der aus zahlreichen Sporophyllen bestand. Die ersten Funde von Pleuromeia glückten in Deutschland. Diese Pflanze kam auch in Spanien. Polen, Rußland, China, Japan und Australien vor.
Die ersten Ginkgobäume erschienen in der Triaszeit. Diese Periode begann vor etwa 250 Millionen Jahren und endete vor etwa 205 Millionen Jahren. Der Name Ginkgo beruht auf einem Irrtum. Der deutsche Arzt und Forschungsreisende Engelbert Kaempfer (1651-1716) übersetzte 1712 das Wort gin-kyo unkorrekt als Ginkgo, 1771 übernahm der schwedische Naturforscher Carl von Linné (1707-1778) diese Version.
Am häufigsten unter den Schachtelhalmgewächsen der frühen Triaszeit vor weniger als 250 Millionen Jahren waren die Gattungen Equisetites und Schizoneura. Sie erreichten eine Höhe bis zu 6 Meter und bildeten häufig dichte Schilfgürtel und Röhrichtzonen.
Die ersten Blumenpalmfarne (Bennettiteen) erschienen gegen Ende der Triaszeit vor mehr als 205 Millionen Jahren. Ihre Stämme waren meist unverzweigt. Diese Blumenpalmfarne hatten als erste Pflanzen männliche und weibliche Organe in einer Blüte, also sogenannte Zwitterblüten. Sie wurden vermutlich von Insekten bestäubt.
Zu den häufigsten Nadelbäumen der Triaszeit gehörte das Gehölz Voltzia heterophylla, die als eine der anspruchslosesten Pflanzen der damaligen Zeit gilt. Der Gattungsname Voltzia erinnert an den französischen Bergbauingenieur Philippe Louis Voltz (1784-1840).
Die ersten Reste Ginkgo-Bäume Deutschlands wuchsen in der frühen Jurazeit vor etwa 200 Millionen Jahren. Reste von Ginkgo-Bäumen kennt man unter anderem aus Speikern in Mittelfranken. Eines der häufigsten Ginkgo-Gewächse war damals die Art Baiera muensteriana. Dieser Artname erinnert an Georg Graf zu Münster (1776-1844), der sich als Fossiliensammler verdient gemacht hatte.
Die ersten Blumen blühten in der Kreidezeit. Diese Periode begann vor etwa 135 Millionen Jahren und endete vor etwa 65 Millionen Jahren. Zu den ersten Blumen gehörten unter anderem die Seerosen.
Die ältesten Bärlappgewächse Deutschlands in der frühen Kreidezeit vor weniger als 135 Millionen Jahren waren die Gattungen Nathorstiana und Hausmannia. Der Name der kaum 20 Zentimeter hohen Nathorstiana erinnert an den Stockholmer Paläontologen Alfred Gabriel Nathorst (1850-1921). Hansmannia ist nach dem Göttinger Professor für Technologie, und Mineralogie, Ludwig Hausmann (1782-1859) benannt.
Die längsten Wedel unter den Farnen der Kreidezeit vor etwa 135 bis 65 Millionen Jahren hatte der Büschelfarn weichselia. Seine Wedel erreichten eine Länge von maximal 2 Meter. Weichselia kam unter anderem bei Hildesheim in Niedersachsen vor.
Die meisten Stämmchen hatte der während der Kreidezeit vor etwa 135 bis 65 Millionen Jahren in Europa vorkommende bis zu 6 Meter hohe Baumfarn Tempskya. Er ist in Deutschland, der Tschechoslowakei und in England nachgewiesen. Seine Hunderte von Stämmchen wurden durch ein dichtes Wurzelgeflecht zusammengehalten.
Die ersten Laubbäume in der Kreidezeit vor etwa 100 Millionen Jahren waren die Crednerien. Für die Gattung Credneria, deren Name auf den Gießener Theologen Karl August Credner (1797-1857) zurückgeht, gelten dreispitzige Blätter als typisch. Überreste von Crednerien wurden in Deutschland, in der Tschechoslowakei, in Rußland, auf Grönland und in Nordamerika gefunden.
Die frühesten Palmen, Sumpfzypressen, Fichten, Kiefern und Weiden sind gegen Ende der Kreidezeit vor mehr als 70 Millionen Jahren nachweisbar. Diese neuen Pflanzen erschienen einige Millionen Jahre vor dem Aussterben der Dinosaurier vor etwa 65 Millionen Jahren.
Die ältesten Mammutbäume in Deutschland wurden bei Blankenburg im Harz (Sachsen-Anhalt) nachgewiesen. Sie wuchsen gegen Ende der Kreidezeit vor mehr als 70 Millionen Jahren. Diese Mammutbäume gehören zur Gattung Sequoia, die nach dem amerikanisch-indianischen Gelehrten Sequoya (1770-1843), auch Georg Guess genannt, bezeichnet ist.
Als die ältesten Blumen in Deutschland gelten die Seerosen der Gattung Euriale gegen Ende der Kreidezeit vor mehr als 70 Millionen Jahren. Reste von ihnen wurden in der Oberpfalz (Bayern) sowie im Grenzgebiet von Bayern und Tirol nahe Kufstein entdeckt.
Die ersten Ingwersträucher und gummiproduzierenden Mastixsträucher Bayerns gediehen gegen Ende der Kreidezeit vor mehr als 65 Millionen Jahren.
Die ältesten Gagelsträucher Deutschlands wuchsen in der Kreidezeit vor mehr als 65 Millionen Jahren bei Blankenburg im Harz.
Als die am besten erforschten Urwälder Deutschlands im Eozän vor etwa 45 Millionen Jahren gelten die im Gebiet des Geiseltals (Sachsen-Anhalt) und von Messel bei Darmstadt (Hessen). Im Gebiet des heutigen Geiseltals wuchsen beispielsweise gummiproduzierende Bäume der Art Comuoxylon hartigii, Kakaobaumgewächse, verschiedene Palmen und Sumpfzypressen. Von den gummi-produzierenden Bäumen stammen unter anderem die sogenannten "Affenhaare". Dies sind hellbraune Faserbildungen aus der Rinde dieser Pflanzen. Im Geiseltal und in Messel gedieh damals eine subtropische und tropische Pflanzenwelt mit Palmen, Lorbeer-, Maulbeer- und Walnußgewächsen.
Die ältesten Bananengewächse, Gagelsträucher, Lorbeergewächse, Maulbeergewächse, Magnolien und Myrten Deutschlands aus dem Eozön wuchsen vor etwa 45 Millionen Jahren im Gebiet des heutigen Geiseltals bei Halle/Saale in Sachsen-Anhalt. In Messel bei Darmstadt (Hessen) gediehen damals Lorbeer-, Maulbeer- und Walnußgewächse sowie Myrten und Weinreben.
Die größten Bemsteinwälder Deutschlands gab es im Eozän vor mehr als 40 Millionen Jahren. Das von den Kiefern herab tropfende Harz konservierte Pflanzen und Tierreste aus dieser Zeit bis zum heutigen Tag.
Die größten Seerosenblätter aus der Urzeit wurden in Bayern entdeckt. Sie sind einen halben Meter lang und stammen aus dem Oligozän. Dieser Abschnitt währte von etwa 84 bis 23 Millionen Jahren.
Die ältesten Zimtbäume Deutschlands standen im Oligozän vor etwa 30 Millionen Jahren am Ufer einer Meeresstraße in Deutschland. Neben ihnen wuchsen Palmen und Lorbeer, aber auch Eschen, Ulmen, Pappeln und Nadelbäume.
Die ältesten Reste von Sumpfzypressen und Mammutbäumen in Nordrhein-Westfalen stammen aus dem Miozän vor etwa 20 Millionen Jahren. Die damalige Pflanzenwelt im Niederrheingebiet entsprach der Vegetation, wie man sie heute aus den amerikanischen Bundesstaaten Georgia, Florida und Louisiana kennt.
Das größte Vorkommen der Chinesischen Wasserkiefer in Deutschland wurde in Wackersdorf bei Schwandorf im bayerischen Regierungsbezirk Oberpfalz entdeckt. Diese Funde stammen aus dem Miozän vor etwa 20 Millionen Jahren. Die Chinesische Wasserkiefer ist heute nur noch in Südost-China anzutreffen. An Resten dieses Baumes konnte Fraßgänge von Prachtkäferlarven festgestellt werden.
Die letzten Palmen Deutschlands behaupteten sich im Miozän vor etwa 17 Millionen Jahren in Süddeutschland. Dort barg man Palmenhölzer und Stacheln, die sich am Stiel bestimmter Palmenarten befanden. Diese Palmen ähnelten der Hanfpalme, die im Himalaja bis in 3000 Meter Höhe gedeiht, und der europäischen Zwergpalme in Südspanien.
Die meisten exotischen Baumarten aus dem Pliozän in Deutschland kennt man aus Willershausen unweit von Göttingen in Niedersachsen. Dort wuchsen vor etwa 3 Millionen Jahren unter anderem das transkaukasische Eisenholz (Parrotia persica), die orientalische Hainbuche
Die ältesten Perückensträucher Deutschlands wuchsen im Pliozän vor etwa 3 Millionen Jahren. In Willershansen bei Göttingen (Niedersachsen) ist die Perückensträucher-Gattung Cotinus nachgewiesen. Auch der älteste Wacholder kam dort vor.
Die letzten Lorbeergewächse Europas behaupteten sich bis gegen Ende des Pliozäns vor mehr als 2,3 Millionen Jahren. Zu dieser Zeit kamen sie beispielsweise noch im Rhonetal bei Lyon in Frankreich vor.
Die ersten Pfingstrosen Deutschlands wuchsen in einem klimatisch milden Abschnitt des Eiszeitalters vor etwa 2,1 Millionen Jahren, der nach einem holländischen Fundort als Tegelen-Warmzeit bezeichnet wird. Diese Pfingstrosen gehören zur Gattung Paeonia. Sie sind aus dem Mainzer Becken nachgewiesen.
Der erste thüringliche Flieder (Syringa thuringiaca) gedieh vor etwa 800000 Jahren während einer Warmzeit in der Gegend von Bilzingsleben (Thüringen).
Die kleinsten Birken und Weiden der Urzeit wuchsen in der Würm-Eiszeit zwischen etwa 18000 und 13000 Jahren. Diese Zwergbirken und Zwergweiden waren nur 30 Zentimeter hoch.
Den besten Überblick über die Blumen der Alleröd-Zeit vor mehr als 11000 Jahren im ausgehenden Eiszeitalter bietet das Naturschutzgebiet Mainzer Sand in Mainz. Dort blühen heute noch Steppenpflanzen wie die Gemeine Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris), die Violette Schwarzwurzel (Scorzonera purpurea), das Frühlings-Adonis-Röschen (Adonis vernalis), die Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium) und die Sand-Lotwurz (Onosma arenarium), die in diesem Gebiet schon gegen Ende des Eiszeitalters vorkamen. Diese Blumen sind heute mehr oder weniger vom Aussterben bedroht.
Die ersten gravierenden Eingriffe des Menschen in den Wald erfolgten in der frühen Jungsteinzeit ab etwa 5500 v. Chr. Damals rodeten Ackerbauern und Viehzüchter der Linienbandkeramischen Kultur in Mitteleuropa die lindenreichen Eichenmischwälder und legten auf den freien Flächen ihre Siedlungen und Äcker an. Auch das Abweiden des Jungholzes und die Gewinnung von Laubheu als Winterfutter für das Vieh führte dazu, daß die Wälder gelichtet und artenmäßig verändert wurden. Seit damals gibt es in Mitteleuropa keine reinen Lindenwälder mehr.
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