Freitag, 9. Februar 2007
Die ersten Schildkröten lebten in Deutschland
Video "turtle" von Youtube
http://www.youtube.com/watch?v=vS1cKqpWsYs
Leseprobe aus dem Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" von Ernst Probst:
Die ersten Schildkröten wurden in mehr als 205 Millionen Jahre alten Schichten der Triaszeit in Baden-Württemberg entdeckt. Damals waren schon zwei unterschiedliche Gruppen vorhanden. Die eine davon hatte einen hochgewölbten Panzer wie die Gattung Proterochersis und die andere einen bis zu 1 Meter langen, sehr flachen Panzer wie Proganochelys. Die Urschildkröte Proganochelys konnte bei Gefahr ihren Schädel nicht unter den Panzer ziehen, weil ihr Hals ebenso wie der Schwanz mit Knochendornen versehen war. Sie hatte auf dem Gaumen Zähne und einen zahnlosen Hornschnabel, wie er für moderne Schildkröten typisch ist. Mit Proganochelys ist die aus Halberstadt in Sachsen-Anhalt bekannte Gattung Triassochelys identisch.
Die meisten Schildkröten Deutschlands aus der Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren kamen im Gebiet von Solnhofen in Bayern zum Vorschein. Die Gattungen heißen Plesiochelys, Idiochelys, Eurysternum und Solnhofia.
Die ältesten Schildkrötenreste Deutschlands aus der Kreidezeit vor etwa 120 Millionen Jahren stammen aus Nehden bei Brilon im Sauerland in Nordrhein-Westfalen. Die damaligen Schildkröten waren Zeitgenossen mehrerer Dinosaurierarten.
Als größte und schwerste Schildkröte gilt die bis 2,50 Meter lange und schätzungsweise 80 Zentner schwere Riesen-Landschildkröte Megalochelys atlas. Sie war in der Kreidezeit im Gebiet des heutigen Indien heimisch, ernährte sich von Pflanzen und starb vor etwa 70 Millionen Jahren aus. Heute ist die Galapagos-Riesenschildkröte Chelonoidis elephantopus mit einer Länge von 1,20 Meter und einem Gewicht von 4,50 Zentner die imposanteste Schildkröte.
Die größte Landschildkröte Deutschlands war die im Eozän vor etwa 45 Millionen Jahren im Gebiet des heutigen Geiseltals vorkommende Landschildkröte Geochelone eocaenica. Deren Panzer erreichte eine Länge bis zu 1 Meter. Geochelone hielt sich auf dem trockenen Land auf. Dagegen lebte die ebenfalls aus dem Geiseltal bekannte Schildkröte Trionyx im fließenden Wasser, die Gattung Chrysemys in sumpfigen Gewässein und Geoemyda auf feuchten Böden in Wassernähe. Auch aus der Grube Messel bei Darmstadt sind mehrere Schildkrötengattungen bekannt.
Der kleinste Fund einer Schildkröte aus Deutschland wurde in Messel geborgen. Dabei handelt es sich um ein Jungtier der Weichschildkröte Allaeochelys von nur 5 Zentimeter Länge. Es besaß bereits kräftig entwickelte Krallen.
Die größte Meeresschildkröte Deutschlands im Oligozän vor etwa 35 Millionen Jahren war die Seeschildkröte Chelonia gwinneri. Aus Flörsheim am Main in Hessen ist ein 73,5 Zentimeter langer Fund dieser Tierart bekannt.
Die letzten Landschildkröten der Gattung Geochelone in Deutschland behaupteten sich bis zum Miozän vor etwa 15 Millionen Jahren. Diese bis zu 1 Meter lange Gattung der Landschildkröten kam zu dieser Zeit beispielsweise in Sandelzhausen bei Mainburg in Bayern vor.
Die einzige Schildkrötenart Deutschlands aus dem Pliozän vor etwa 3 Millionen Jahren existierte in der Gegend von Willershausen bei Göttingen in Niedersachsen. Sie ähnelte der heute in Amerika heimischen Gattung der Alligatorschildkröte Chelydra.
Die größte Süßwasserschildkröte war die Gattung Stupendemys aus Südamerika. Ihr Panzer wurde bis zu 1,80 Meter lang. Dieses Tier starb im Pliozän vor etwa 3 Millionen Jahren aus. Es konnte wegen seines enormen Gewichtes lange tauchen und fraß Wasserpflanzen. Die heutigen größten Süßwasserschildkröten erreichen allenfalls 75 Zentimeter Länge.
Zu den ältesten Schildkrötenfunden aus der Jungsteinzeit in Deutschland gehören die Reste der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) aus der Zeit der Linienbandkeramischen Kultur vor mehr als 5000 v. Chr. in Straubing-Lerchenhaid (Niederbayern). Das Vorkommen von Sumpfschildkröten gilt als ein Indiz für ein mildes Klima. Denn diese Tiere behaupten sich heute nur in Gebieten mit langer Sonnenscheindauer im Sommer.
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