Freitag, 9. Februar 2007
Dian Fossey: Die berühmteste Gorilla-Forscherin
Video "Me and a gorilla" von Youtube
Leseprobe aus dem Taschenbuch "Superfrauen 5 - Wissenschaft" des Wissenschaftsautors Ernst Probst:
Amerikas bekannteste Primatologin war die Zoologin Dian Fossey (1932–1985). Insgesamt 18 Jahre lang erforschte sie das Leben der Berggorillas in Ruanda und gewann dabei wichtige Erkenntnisse über diese Menschenaffen. Als erster Mensch berührte sie in freier Natur einen wilden Gorilla. Die Forscherin starb auf tragische Weise durch die Hand eines Mörders.
Dian Fossey kam am 16. Januar 1932 in San Francisco (Kalifornien) zur Welt. Sie ließ sich am „State College“ in San Jose (Kalifornien) als Beschäftigungstherapeutin für behinderte Kinder ausbilden und graduierte 1954. Danach arbeitete sie einige Jahre in einem Kinderhospital in Louisville (Kentucky).
Früh war es Dian Fosseys sehnlichster Wunsch, wilde Tiere zu sehen und mit ihnen in einer Welt, die der Mensch noch nicht völlig verändert hatte, zu leben. 1963 unternahm sie eine Reise nach Ostafrika, wo sie dem in Kenia wirkenden Paläontologen Louis S. B. Leakey (1903–1972) begegnete und einen ersten flüchtigen Blick auf wild lebende Berggorillas werfen konnte.
Drei Jahre nach der Rückkehr von Dian Fossey in die USA konnte Louis S. B. Leakey 1966 die Amerikanerin dafür gewinnen, wieder nach Afrika zu kommen und dort die Berggorillas in ihrer natürlichen Umgebung zu studieren. Im Frühjahr 1967 machte sich die 35-Jährige voller Idealismus auf den Weg nach Afrika.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Dian Fossey weder eine fachliche Ausbildung als Primatologin genossen, noch sich größere zoologische Kenntnisse erworben. Doch Louis S. B. Leakey, der als Wegbereiter der modernen Forschung vom Ursprung der Menschheit gilt, betätigte sich als ihr geistiger Ziehvater und brachte ihr das Allernötigste bei.
Nach einem halben Jahr kehrte Dian Fossey nicht – wie zunächst geplant – aus dem „Schwarzen Erdteil“ in ihre Heimat zurück. Statt dessen errichtete sie 1967 das Forschungszentrum „Karisoke Research Centre“ in Ruanda und bildete Fährtensucher aus, die Gorillas aufspürten und sie täglich zu ihnen führten.
Jahrelang beobachtete Dian Fossey drei Gruppen von Berggorillas mit mehr als 50 Tieren. Voller Idealismus, ganz auf sich gestellt und ohne wissenschaftliche Unterstützung wurde die Amerikanerin für die Gorillas bald das, was die Britin Jane Goodall für die Schimpansen und die Kanadierin Biruté Galdikas für die Orang-Utans ist.
Bei den Beobachtungen der Berggorillas auf den Hängen der Vulkankette Virungas im Grenzgebiet zwischen Ruanda, Zaire und Uganda fand Dian Fossey heraus, dass man diese Menschenaffen an die Gegenwart von Menschen gewöhnen kann. Sie schloss Freundschaft mit den Gorillas, gab ihnen Namen – wie „Coco“ – und legte nahe ihrer Hütte einen Friedhof an, auf dem sie von Tierjägern erlegte Menschenaffen begrub.
1970 verließ Dian Fossey Afrika, um ihre Doktorarbeit an der University of Cambridge voranzutreiben. 1974 promovierte sie mit ihrer Dissertation „The Behavior of the Mountain Gorilla“ zum „Doktor der Zoologie“. Sie kehrte mit Studenten, die ebenfalls Untersuchungen vornehmen wollten, nach Ruanda zurück.
Die Tötung ihres Lieblingsgorillas „Digit“ durch Wilderer bewog Dian Fossey 1978, in den Medien über die Lage der vom Aussterben bedrohten Menschenaffen zu berichten. 1980 kehrte sie in die USA zurück, um an der Cornell University in Ithaca im US-Bundesstaat New York eine Professur anzunehmen. Damals schrieb sie das Manuskript für das Buch „Gorillas in the Mist“ (1983, deutsch: „Gorillas im Nebel. Mein Leben mit den sanften Riesen“).
Wieder zurück in Ruanda setzte Dian Fossey ihren Kreuzzug gegen Wilderer fort, die Berggorillas erlegten, deren Kopf und Hände abschnitten, sie präparierten und als Aschenbecher und Zimmerschmuck verkauften. Die streitbaren Ansichten und das zeitweise exzentrische Verhalten von Dian Fossey trugen nicht gerade zu ihrer Beliebtheit bei der Regierung Ruandas und bei internationalen Organisationen bei.
In einem Interview, das die Nachrichtenagentur „Associated Press“ (AP) im Mai 1985 mit Dian Fossey führte, erklärte sie ohne Bedauern, sie habe keine Freunde. Je mehr man über die Würde der Berggorillas wisse, desto mehr meide man die Menschen.
Am 26. Dezember 1985 wurde die 53-jährige Dian Fossey tot in ihrer Wellblechhütte nahe des Gipfels am Berg Visoke aufgefunden. Sie war offensichtlich das Opfer einer Gewalttat geworden. Der Verwaltungsvorsitzende der „National Geographic Society“, Washington, Melvin Payne, würdigte sie als engagierte Wissenschaftlerin.
Nach der Ermordung von Dian Fossey beschuldigte man zunächst fünf Schwarze aus Ruanda der Bluttat. Es hieß, sie seien Wilderer und hätten es der Forscherin übel genommen, von ihren Jagdgründen vertrieben worden zu sein. Einer der Verdächtigen erhängte sich in seiner Zelle.
Eine überraschende Wende im Mordfall Dian Fossey trat ein, als man an den Händen des Opfers Haare fand, die von einem Weißen stammten. Im Dezember 1986 befand ein Gericht in Ruanda den amerikanischen Tierforscher Richard McGuire in Abwesenheit für schuldig, seine Kollegin Dian Fossey aus „wissenschaftlichem Neid“ ermordet zu haben. In dem Verfahren gab es für den Angeklagten keinen Verteidiger, das Urteil wurde nach nur sechsstündiger Verhandlung und einwöchiger Beratung des Gerichts verkündet.
McGuire hatte nach Erkenntnissen des Gerichts die weltbekannte Forscherin während einer gemeinsamen wissenschaftlichen Untersuchung mit einem Buschmesser erstochen. Sein Motiv sei es gewesen, die Aufzeichnungen der Primatologin zu stehlen. Eine größere Geldsumme der Ermordeten blieb unangetastet. McGuire, der sich damals in den USA aufhielt, bestritt die Tat, für die ihm in Ruanda die Todesstrafe drohte. Zwischen Ruanda und den USA bestand jedoch kein Auslieferungsvertrag.
1988 inszenierte der britische Regisseur Michael Apted in bester Hollywood-Manier als rührselige Liebesgeschichte den Film „Gorillas im Nebel“ über Dian Fossey. Ehemalige Freunde der Forscherin dienten als Berater, ihre Briefe, ihre Tagebücher, ihr Buch von 1983 und ihre Doktorarbeit über die Ergebnisse der Langzeitstudie garantierten weitgehende Authentizität. Gedreht wurde an Originalschauplätzen in 3000 Meter Höhe. Dabei gelangen faszinierende Naturaufnahmen freilebender Gorillaherden.
Publikum und Kritiker fanden den Streifen, in dem Sigourney Weaver die Rolle von Dian Fossey spielte, als sehenswert. Allerdings bemängelte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) in der Besprechung, die Exzentrik, der offensichtliche Menschenhass, die Anfälle von Verfolgungswahn, das Leiden an der Einsamkeit und der zeitweilig übermäßige Alkoholgenuss der Forscherin seien zu kurz gekommen. Deren Begabung, sich in das Wesen der Gorillas einzufühlen, habe in extremem Gegensatz zu ihrer Unfähigkeit gestanden, im zwischenmenschlichen Bereich Feingefühl, Diplomatie oder Kompromissbereitschaft zu zeigen.
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